WERTvolle Arbeit

„Deplatziert und fahrlässig“: KAB Bayern sieht dringenden Gesprächsbedarf

Sozialministerin Scharf fordert auf der ConSozial längere Arbeitszeiten

Ein weiteres Mal hat die bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf eine deutlich längere Arbeitszeit gefordert – diesmal auf der ConSozial, der Fachmesse für die Sozialwirtschaft. „Diese Forderung wird auch dadurch, dass sie häufiger erhoben wird, nicht richtiger“, betont Regina Soremba-Böxkes, Landesvorsitzende der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Bayern. „Ich frage mich, weshalb Frau Scharf dieses Thema gerade auf der ConSozial aufruft. Denn dort kommen all die Beschäftigten zusammen, die schon immer und besonders in der Pandemie systemrelevante Arbeit für unsere Gesellschaft leisteten und diese zusammenhalten. Diesen Fachkräften jetzt zusätzlich eine Legalisierung von längeren Arbeitszeiten zuzumuten, ist deplatziert und fahrlässig.“

Eine Arbeitszeiterhöhung besonders in Arbeitsbereichen zu fordern, die einen Dienst am Menschen leisteten, sei kein Mittel, um gegen den Notstand in Pflegeheimen und Kindertagesstätten vorzugehen, erklärt Soremba-Böxkes weiter. „So gewinnen wir keine neuen Mitarbeiter*innen, sondern brennen die derzeitigen aus.“

„Wir begrüßen sehr, dass Ulrike Scharf angekündigt hat, die Sozialpartner in dieser Sache mit einzubeziehen“, betont Peter Ziegler, Landesvorsitzender im paritätisch besetzten Vorstand der KAB Bayern. „Tatsächlich sehen wir dringenden Gesprächsbedarf." Die Aussage der Ministerin, dass Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes maßgeblich seien, sei nicht nachvollziehbar. Denn Scharf wolle ja gerade die Hauptquelle für Unfallgefahren aller Art – eine deutlich verlängerte Arbeitszeit – einführen.

 

KAB Bayern kritisiert CSU-Forderung nach Ausdehnung der Arbeitszeiten

"Rückschritt ins 19. Jahrhundert“

Als „vollkommen unverständlich“ hat die KAB-Landesvorsitzende Regina Soremba-Böxkes den Vorstoß von Sozialministerin Ulrike Scharf bezeichnet, die Arbeitszeiten regulär über die aktuell mögliche Höchstdauer von zehn Stunden auszudehnen. „In einer Zeit, in der besonders Frauen vom Arbeitsalltag, Betreuungsaufgaben für die kommende Generation und Pflegeaufgaben für die vorhergehende belastet sind, die zulässige Höchstdauer der Arbeitszeit auch noch auszudehnen, ist nicht gerade das, was ich von einer Frauenministerin erwartet hätte“, so Soremba-Böxkes. „Eine Erhöhung der täglichen Arbeitszeit ist kein geeignetes Mittel, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.“ Sozialministerin Ulrike Scharf hatte eine Ausdehnung der Arbeitszeit über zehn Stunden hinaus gefordert, um endlich „im 21. Jahrhundert anzukommen“.

„Acht Stunden sind genug!“ unterstreicht Peter Ziegler, Landesvorsitzender im paritätisch besetzten Vorstand der KAB Bayern. „Mir kommt eine Ausdehnung der Arbeitszeit weniger wie ein Ankommen im 21. Jahrhundert und mehr wie ein Rückschritt ins 19. Jahrhundert vor.“ Bereits im Jahr 2020 habe beim Jahresempfang der KAB Bayern eine Expertin aus der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) deutlich gemacht, dass eine höhere Quantität notwendigerweise zu Lasten der Qualität gehe. „Die Beschäftigten sind weniger produktiv, dafür geht die Unfallgefahr signifikant nach oben“, erklärt Ziegler. „Es gibt handfeste arbeitsmedizinische Gründe für die Begrenzung auf in der Regel acht Arbeitsstunden pro Tag.“

Schon 2019 hatte ein Vorstoß der bayerischen Staatsregierung im Bundesrat für Kopfschütteln bei Experten gesorgt. „Wie durch längere Arbeitszeiten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert werden soll, erschließt sich auch auf den zweiten Blick nicht wirklich“, so die Landesvorsitzende Soremba-Böxkes abschließend.

Differenzierte Bewertung des Home-Office

Landesvorstand der KAB Bayern begrüßt Stellungnahme des Landeskomitees zu Home-Office – Arbeitsform mit Licht und Schatten

In diesen Tagen veröffentlichte das Landeskomitee als oberstes Gremium der katholischen Laien in Bayern eine Stellungnahme zum Home-Office. Darin wird diese Organisationsform sehr differenziert dargestellt und gefordert, die Beschäftigten bei der Frage nach dem Arbeitsort einzubeziehen. Der Landesvorstand der KAB Bayern begrüßt diese Stellungnahme und fordert deren intensive politische Diskussion.

Der Sachausschuss Arbeit Wirtschaft Gesellschaft des Landeskomitees hat sich in den letzten Monaten intensiv mit Vor- und Nachteilen dieser Arbeitsform auseinandergesetzt. Er hat herausgearbeitet, dass mit ihr ebenso viel Licht wie Schatten verbunden sind. Dabei hat er bewusst die Auswirkungen auf den Beschäftigten wie auf die Infrastruktur in den Blick genommen. So diente etwa eine eingesparte Pendelzeit dem Pendler wie der Umwelt.

Der Landesvorstand der KAB Bayern begrüßt es, dass das Landeskomitee sich mit diesem für die Beschäftigten wichtigen Thema auseinandergesetzt hat. „Besonders wichtig halte ich die Betonung der betrieblichen Mitbestimmung in diesem sensiblen Bereich.“ betont KAB-Landesvorsitzender Peter Ziegler auf Anfrage. Wenn es nun in den Normalbetrieb gehe, dürfe nicht die Ausnahmesituation der letzten zweieinhalb Jahre im Fokus stehen, sondern die Interessen von Beschäftigten und Arbeitgebern. Mit diesem Papier bekommt das Thema eine angemessene Einordnung für alle Betroffenen.

Stellungnahme zum Download

Menschenwürdig statt prekär

KAB München-Freising weist auf "Tag der menschenwürdigen Arbeit" am 7. Oktober hin

Am 7. Oktober ist der „Welttag für menschenwürdige Arbeit“. Dann startet die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) bundesweit die Aktion „WERTvoll arbeiten – menschenwürdig statt prekär“. Dabei weist die KAB darauf hin, dass Menschen in prekären Arbeitssituationen mit schlechter Absicherung derzeit besonders von den internationalen Krisen und der hohen Inflation betroffen sind. Sie sind Opfer eines Wirtschaftssystems, das weiter auf monetäres Wachstum setzt. Prekarisierung der Arbeitswelt ist ein globales Phänomen. In verschiedenen Ländern in Afrika und Südamerika unterstützt die KAB die Beschäftigten in ihrem Engagement für menschenwürdige Arbeit. Die KAB München und Freising fördert aktuell ein Projekt in Tansania für die weitgehend rechtlosen weiblichen Hausangestellten im Land.

 

Prekärer Arbeit deutschlandweit ein Gesicht geben

In der aktuellen Aktion fordert die KAB Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bundesweit in einem Fragebogen auf, ihrer Arbeit ein Gesicht zu geben und mitzuteilen, was prekär an ihrer Arbeit ist. Sind Sie nur befristet angestellt, beziehen Sie einen zu niedrigen Lohn, müssen Sie an mehrere Teilzeitstellen antreten, um finanziell über die Runden zu kommen oder haben Sie keine Möglichkeit zur betrieblichen Mitbestimmung? Fragen, mit denen prekäre Arbeit aus dem Schatten hervorgehoben wird.

 

Hilfe für Hausangestellte in Tansania

„Jeder Mensch hat das Recht auf faire und gute Arbeitsbedingungen, in Deutschland und weltweit“, betont KAB-Diözesanvorsitzende Hanne Möller. Deshalb unterstützt die KAB München und Freising solidarisch die Aktivitäten der „Catholic Workers Movement“ (CWM) in Tansania. Ziele der CWM sind unter anderem Weiterbildungsangebote für Menschen in prekärer Beschäftigung und Rechtsberatung. Vor allem junge Frauen und Mädchen sind heuer im Fokus von CWM und KAB. Sie sind in Tansania sehr oft im Haushalt als Dienstmädchen beschäftigt und arbeiten unter menschenunwürdigen Bedingungen.

 

Teresa aus Bagamoyo zum Beispiel. Nach dem Tod des Vaters muss sie ihre Mutter und vier Geschwister finanziell unterstützen. Sie arbeitet zunächst zwei Jahre als Hilfskraft bei einem Lebensmittelhändler. Sie spült Geschirr, reinigt den Speisesaal, arbeitet im Verkauf und Transport mit. Ihre Arbeitszeiten sind nicht geregelt. Deshalb sind die Arbeitstage lang und sie hat nie frei. Auch wenn sie krank ist, muss sie arbeiten. Wenn etwas zu Bruch geht, wird sie geschlagen. Sie sucht sich eine neue Stelle, diesmal als Hausmädchen. Dort ist es noch schlimmer. Ihr geringes Gehalt wird mit Sachleistungen wie dem Essen verrechnet und sie wird wieder geschlagen. Ein Sohn der Familie zwingt sie zum Sex. Als sie schwanger ist, bestreitet er, der Vater zu sein. Teresa wird davongejagt. Mittlerweile ist ihr Kind bei ihrer Mutter und sie arbeitet für eine ältere Frau im Haushalt.

 

Starke Arbeitnehmerorganisationen wichtig

„Gute und faire Arbeitsbedingungen entstehen dort, wo sich die Menschen in starken Arbeitnehmerbewegungen organisieren und sich für menschenwürdige Arbeit engagieren“, betont KAB-Diözesanvorsitzender Hannes Kreller, der sich das Amt mit Hanne Möller paritätisch teilt. Alle Menschen müssten von ihrer Arbeit leben können. Der Tag der menschenwürdigen Arbeit am 7. Oktober führe eindringlich vor Augen, dass das bei weitem noch nicht überall der Fall ist.

Fachgespräch bei der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg

Auf Initiative des Diözesanverbands Eichstätt der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) fand Mitte Oktober in der Bundesagentur für Arbeit ein prominent besetztes Fachgespräch statt. Vertreterinnen und Vertreter aus den drei Diözesanverbänden Eichstätt, Regensburg und Augsburg waren ebenso gekommen wie der Bundesvorsitzende Andreas Luttmer-Bensmann, Anne Krumpp von der kifas GmbH und der Eichstätter Diözesanratsvorsitzende Dr. Christian Gärtner. Dem Gremium standen der Vizedirektor des IAB Prof. Dr. Ulrich Walwei und der Personalvorstand Michael Kühn als Gesprächspartner zur Verfügung.

Die Frage nach der Zukunft der Arbeit auf der Folie der Digitalisierung stand im Mittelpunkt des Fachgesprächs, das am 16.Oktober 2019 in der Bundesagentur für Arbeit stattfand. Dem Eichstätter KAB-Diözesansekretär Kurt Schmidt war es gelungen, eine kompetente Runde zusammenzustellen: so stellte der Vizedirektor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Prof. Dr. Ulrich Walwei die wichtigsten Erkenntnisse aus der Forschung zum Thema vor. Er beschrieb die Digitalisierung als einen der Treiber des Wandels in der Arbeitswelt, der aber bei weitem weniger fatal ausfallen werde als das stets dargestellt werde. Allein durch die digitale Veränderung wird Deutschland per Saldo lediglich 60.000 Arbeitsplätze verlieren, allerdings bedeutet das auch, dass etwa ebenso viele Arbeitsplätze verloren gehen wie an anderer Stelle neu entstehen (etwa 1,4 Mio). Gleichzeitig betonte er, dass der Wandel schwerwiegende Auswirkungen auf den Begriff der Arbeitszeit haben wird.

Danach stellte Personalvorstand Michael Kühn die sich daraus ergebenden wesentlichen Herausforderungen für einen Arbeitgeber mit immerhin 100.000 Beschäftigten vor. Er beschrieb den Wandel im Bewusstsein der Beschäftigten wie die Notwendigkeit, auch weiterhin als attraktiver Arbeitgeber zu erscheinen. Dies umfasst nicht nur den Blick auf die Gesundheit der Mitarbeiter, sondern auch auf deren Zufriedenheit – die besten Selbstzuschreibungen seien nichts wert, wenn sie nicht gelebt werden. Zudem betonte er, dass die Agentur radikal aus Sicht der Kundenperspektive agiere: „Es bringt mir nichts, wenn die Ergebnisse stimmen, aber die Kunden unzufrieden sind.“ Mit Blick auf die Digitalisierung erläuterte er, dass all diejenigen Arbeitsplätze ersetzt werden, bei denen sich dies wirklich lohnt. Bei seinem Abschied betonte KAB-Bundesvorsitzender Andreas Luttmer-Bensmann die besondere Bedeutung von derartigen Austauschmöglichkeiten.

Gut Wirtschaften - Fahrkarte in die Zukunft

  • Gut wirtschaften muss Produktions- und Wirtschaftskreisläufe in den Blick nehmen.

  • Gut wirtschaften bedeutet, Verantwortung für die Folgen von Produktion und Konsum zu übernehmen.

  • Gut wirtschaften bedeutet, den Menschen und seine unterschiedlichen Formen der Arbeit in den Mittelpunkt zu stellen, damit für jetzige Generationen soziale Gerechtigkeit wächst und für spätere Generationen Zukunft möglich wird.

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